Autorenbild Rechtsanwalt Holger ThießArbeitsrecht

Anspruch von Gleichbehandlung?
Eigenkündigung, Abfindung, Sozialplan
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.05.2008 Az.: 1 AZR 203/07

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Holger Thieß

Eine Regelung im Sozialplan, die den Anspruchsausschluss für alle Arbeitnehmer vorsieht, die ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt haben, verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz BetrVG. Wurde die Eigenkündigung des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber veranlasst, so steht dem Arbeitnehmer die Abfindung genauso zu seinen Kollegen, die betriebsbedingt gekündigt worden sind.

Nach Auffassung des BAG stand dem Arbeitnehmer der Abfindungsanspruch zu, obwohl die Sozialplanregelung nach dem Wortlaut nicht erfüllt war. Eine allein formale Unterscheidung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerkündigung sei unbillig.


Erläuterung von RA Holger Thieß (Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg)

Im vorliegenden Fall sollte der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers vorrangig verlagert und der Arbeitnehmer versetzt werden. Der Arbeitnehmer musste aber mit einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers rechnen, falls er der Versetzung widerspräche. Bevor es zur Kündigung kam, sprach der Arbeitnehmer selbst die Kündigung aus und nutzte die Möglichkeit, zu einer anderen Bank zu wechseln.

Die Gleichbehandlung von Arbeitgeber- und Eigenkündigung gilt nicht in allen Fällen. Voraussetzung dafür ist, dass die Eigenkündigung des Arbeitnehmers im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung vom Arbeitgeber veranlasst wurde. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, für ihn bestehe nach Durchführung der Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr und er komme mit der eigenen Kündigung einer sonst auszusprechenden betriebsbedingten Kündigung nur zuvor.

Dem abwanderungswilligen Arbeitnehmer sei dringend empfohlen, vor Ausspruch der eigenen Kündigung anwaltlichen Rat einzuholen. Ob wirklich ein Anspruch auf Gleichbehandlung besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Zumeist dürfte es sich eher empfehlen, auf eine Kündigung des Arbeitgebers zu drängen.



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Über den Autor:


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Holger Thieß ist Sozius der Templin & Thieß Rechtsanwälte mit Sitz in Hamburg. Er ist Mitglied im 20-20-11 Anwaltbund und seinem Kooperationsprojekt "Anwälte empfehlen Anwälte".

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