Autorenbild Gitte HärterDas Job-Interview

Tattoos, Piercings, Frisuren und so weiter

Ein Beitrag von Gitte Härter

Auf einer Recruitingmesse kommt eine junge Frau auf mich zu: In der Nase trägt sie ein Glitzersteinchen. Sie fragt mich, ob sie das Steinchen hier auf der Messe lieber rausnehmen soll. Ein Mann erkundigt sich, ob seine langen Haaren schlecht ankämen - ein anderer junger Mann trägt Glatze und fürchtet, dass das nicht gut ankommt ... die Fragen und Unsicherheiten zu Frisuren, Tattoos, Piercings etc. sind endlos. Wie wirkt sich "das" auf meine Bewerbung aus?

Besser erstmal verstecken?

Getrickst werden kann ja mal schnell: Da überlegt sich der junge Mann mit Glatze, dass er sich für das Bewerbungsfoto zumindest ein paar Millimeter Haare wachsen lässt. Der überzeugte Drei-Tage-Bart-Träger rasiert den Bart fürs Foto ab. Und das Piercing wird rausgenommen.

Kann man machen.

Die Frage ist nur: Warum sollten Sie etwas verstecken, das Sie gut finden und das Sie aus Überzeugung tun/tragen? Ihr Aussehen ist Ausdruck Ihrer Persönlichkeit, es gehört zu Ihnen. Warum stehen Sie nicht dazu?

Abgesehen davon, dass Sie sich auch für ein Foto sicher anders geben, wenn Sie für diesen einen Moment "ein/e Andere/r" sind - spätestens im Job-Interview stellt sich die Frage erneut. Wollen Sie Ihr Aussehen dann noch immer verleugnen? Wenn ja: Wie sieht es aus, wenn Sie eingestellt werden?

Fragen Sie sich also immer: Wie wichtig ist mir das [Tattoo, Piercing, ...] - wie sehr gehört es zu mir und wie wichtig ist es mir, "so" auch in die Arbeit gehen zu können?

Wichtig: Gepflegt. Und stimmig.

Auf einer Messe fragte mich kürzlich ein junger Mann, wie es mit Kleidung aussähe: Er trage am liebsten Jeans und fühle sich sehr unwohl im Anzug. Während unseres Gespräches kamen wir auf "Stachelhalsbänder" zu sprechen. Wir haben beide herzlich über die Vorstellung gelacht, bei einem Bewerbungsgespräch mit Stachelhalsband aufzukreuzen.

Das ist jedoch ein sehr gutes Beispiel dafür, was hier gemeint ist. Es hat auch was mit Respekt und Höflichkeit zu tun, sich auf die Situation Bewerbungsgespräch auch aussehensmäßig einzustellen. Dazu gehört dann beispielsweise, das Stachelhalsband abzunehmen ... nein, im Ernst: Es geht darum, einen guten Eindruck zu machen. Authentisch zu bleiben. Und gepflegt zu sein. - Zugeständnisse zu machen, ist keine Selbstverleugnung. Etwas ganz zu verstecken, kann es durchaus sein.
Die gute Nachricht: Es geht nicht darum, ins andere Extrem zu verfallen.

Auf alles "Besondere", das stark aus dem Rahmen fällt, erhält man in der Regel eine stärkere Reaktion. Das heißt nicht, dass die Reaktion unbedingt negativ ist.

Eins noch: Es gibt auch Leute, denen es Spaß macht zu provozieren. Irgendwann nach der x-ten Absage merkt man, dass hier eigentlich ein kleiner Kreuzzug geführt wird. "Wie ungerecht. Nur weil ich tätowiert bin, bekomme ich immer Absagen." Bei näherem Hinsehen merkt man, dass schon die Firmenauswahl und das eigene Benehmen eine große Rolle spielen. Wer eher auf der Provoziererschiene fährt, sollte sich auch einmal fragen, wieso er tut, was er tut - geht es um ein persönliches Statement und darum, zu seinem [Tattoo, Piercing, ...] zu stehen? Geht es darum, die Vorurteile, die man befürchtet - oder anderen unterstellt - immer wieder aufs Neue zu beweisen? Oder geht es darum, sich vor etwas zu schützen?


Zwei Tatsachen:

1. Jeder Personalentscheider ist anders. Im Wesentlichen gibt es immer drei Möglichkeiten: Sie geraten an jemanden, der Ihr [Tattoo, Piercing, ...] supergut findet. Oder an jemanden, der es unmöglich findet. Oder an jemanden, dem es völlig egal ist. Das ist die gute Nachricht.
Da Sie nicht wissen, wie der Empfänger reagiert, könnte es sein, dass Sie genau das tun, was nicht ins Schwarze trifft: Vielleicht findet Ihr Gegenüber lange Haare bei Männern cool, Sie haben sich zu einer schnellen Haarschneide-Aktion entschlossen.

Tatsache Nummer 1 ist also: Sie nehmen es an, dass Ihr [Tattoo, Piercing, ...] ein Hindernis sein könnte. Das ist reine Spekulation. Kann stimmen. Muss aber nicht.

2. Wenn Sie Ihr [Tattoo, Piercing, ...] auch später jeden Tag in der Arbeit zur Schau stellen werden/möchten, dann spielen Sie besser von vornherein mit offenen Karten. Tricksereien beim Bewerbungsfoto oder eventuell auch noch Verstellen beim persönlichen Gespräch - und am ersten Arbeitstag dann mit den Tatsachen rausrücken, ist keine gute Basis.

Überlegen Sie sich vorher, wie wichtig Ihnen bestimmte Aussehensmerkmale sind. Wenn es für Sie selbstverständlich ist, Ihr Piercing während der Arbeit rauszunehmen - wenn Sie sich für eine bestimmte Position gerne die Haare wachsen lassen oder abschneiden, dann machen Sie sich diese Zugeständnisse vorher klar. Wenn Ihnen jedoch wichtig ist, dass Sie täglich so zur Arbeit erscheinen können wie Sie jetzt sind, dann stehen Sie auch im Bewerbungsprozess zu sich und Ihrem Aussehen.

Tatsache Nummer 2 ist also: Stehen Sie zu sich - werden Sie sich über etwaige Zugeständnisse/
Veränderungen klar. Wenn Ihnen Ihr Aussehen genau so wie es jetzt ist, wichtig ist und zu Ihrer Persönlichkeit gehört, dann stehen Sie auch dazu. Doch respektieren Sie es auch, wenn ein Unternehmen ein bestimmtes Aussehen nicht gut findet und es für manche ein Absagegrund ist.



Nächsten Tipp lesen:
» Interview: Kleidung

Über die Autorin:


(c) Gitte Härter
eMail: objektiv@selbstmarketing.de

Gitte Härter war selbst Führungskraft und viele Jahre Coach und Trainerin. Außerdem hat sie über zwei Dutzend Ratgeber veröffentlicht: www.schreibnudel.de .

Gemeinsam mit Christine Öttl hat sie unter anderem zahlreiche Bewerbungsratgeber veröffentlicht.


Link zum Buch:


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