Autorenbild Vogel & Detambel coaching for executivesTipps und Hilfe zur Bewerbung

Selbstdarstellung – das Schwiegermutter-Prinzip

Ein Beitrag von Vogel & Detambel coaching for executives

Wer einen neuen Job sucht, kommt immer wieder in die Situation, sich selbst darstellen zu müssen – schriftlich und mündlich. Die meisten denken dabei in erster Linie an ihre Bewerbungsunterlagen – darin stellen Sie sich schriftlich dar. Oder an das Vorstellungsgespräch, in dem sie sich mündlich präsentieren. Auf beides bereiten sich viele Bewerber sehr systematisch vor. Dass es eine Vielzahl weiterer Gelegenheiten zur Selbstdarstellung gibt, wird oft übersehen.

Es gibt Schätzungen, dass nur 20 % aller neu zu besetzenden Positionen mit Hilfe von Stellenausschreibungen besetzt werden. Egal, ob es tatsächlich 20, 25 oder auch 35 % sind – es bedeutet, dass immerhin deutlich mehr als die Hälfte aller Stellenbesetzungen anders zustande kommt. Nämlich durch direkte Kontakte, durch Mund-zu-Mund-Propaganda, durch Empfehlungen, Beziehungen und Querverweise; man könnte auch sagen – durch Zufall.

Tatsächlich haben manche Menschen bereits ihren vierten oder fünften Job, ohne sich auch nur ein einziges Mal beworben zu haben, während andere bei einem Veränderungswunsch immer erst aufwändige Bewerbungsprozesse durchlaufen müssen, ehe sie einen neuen Job finden. Das sind übrigens auch diejenigen, die immer wieder wortreich beklagen, dass sie keine oder die falschen Beziehungen hätten. Machen diese Menschen etwas falsch?

Manche Menschen handeln nach dem Prinzip „Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps“ – mit anderen Worten, sie trennen strikt zwischen Beruf und Freizeit. Dafür mag es Gründe geben. Wenn solche Menschen dann irgendwann doch bei ihren Freunden und Verwandten um Mithilfe bei der Suche nach einem neuen Job nachsuchen, ist es in aller Regel zu spät, sich von diesem Grundsatz zu trennen.
Etliche Menschen reden über ihren Job eigentlich nur, um ihrer Umwelt klar zu machen, wie unentbehrlich sie sind. Da wird dann mit wichtigtuerischer Miene vermeintliches Insiderwissen unter die Leute gebracht oder es wird einfach nur „dick aufgetragen“. So kommt es dann, dass gemunkelt wird, XY sei ein ziemlich „hohes Tier“ bei der Versicherung. Dabei ist es nur sein Büro, das etwas höher liegt – in einem der oberen Stockwerke des Versicherungshochhauses. Wer über viele Jahre hinweg bei seinen Freunden und Verwandten Imagepflege von dieser Sorte betreiben hat, der wird in einer Situation, in der Hilfe gut gebrauchen könnte, nicht die mühsam aufgerichtete Fassade einreißen wollen. Pech für ihn. Weil niemand weiß, was er wirklich tut, weiß auch niemand, wie er ihm jetzt helfen könnte.

Menschen, die durchaus gerne fremde Hilfe bei der Suche nach einem neuen Job in Anspruch nehmen würden, stolpern nicht selten über einen gewissen „Standesdünkel“. Dieser Dünkel ist in vielen Berufszweigen und Branchen weit verbreitet. Vielleicht hat er seinen Ursprung im mittelalterlichen Zunftwesen. Der erfahrene Fachmann verbittet sich die Einmischung von Nicht-Fachleuten oder gibt sich gar nicht erst mit ihnen ab, weil er davon überzeugt ist, dass die ohnehin nicht verstehen, wovon er redet. Welchen Sinn sollte es also machen, mit ihnen über berufliche Belange zu sprechen.
Aber hier irrt der Fachmann. Selbst seine Schwiegermutter, die nie in ihrem Leben berufstätig war, könnte seine berufliche Situation richtig einschätzen - er müsste sie ihr nur richtig erklären.

Nun bezweifeln selbst Menschen, die frei von solcherlei Dünkel sind, dass ihnen die Schwiegermutter zu einem neuen Job verhelfen kann. Kann sie vermutlich auch nicht. Aber die Unterstellung, dass die Schwiegermutter nicht die richtigen Kontakte hat, um etwas für die Schwiegertochter oder den Schwiegersohn tun zu können, erweist sich immer wieder als Fehleinschätzung. Auch die Schwiegermutter hat ein Beziehungsgeflecht. Vielleicht besteht das nur aus dem Seniorenkreis, mit dem sie sich jede Woche einmal trifft, und die Chance, dass ein Senior einen wichtigen beruflichen Hinweis aufschnappt, liegt vielleicht nur bei 0,5 % . Wenn der Kreis aber aus zwanzig Leuten besteht, dann werden daraus schon 10% . Und genau das ist das Schwiegermutter-Prinzip: Wenn man die Schwiegermutter einbezieht und ihr richtig erklärt, worum es geht, dann kann sie mit anderen Menschen darüber reden und erst dann nimmt sie entsprechende Botschaften und Hinweise aus ihrem Umfeld überhaupt wahr. Mit dem Schwiegermutter-Prinzip verhält es sich so wie mit dem Lottospielen: Die Chancen auf einen Gewinn sind vielleicht nicht besonders groß; wer seinen Lottoschein aber gar nicht erst abgibt, lässt sich selbst diese Chance entgehen.

Wer dem Zufall ein wenig auf die Sprünge helfen will, der schließt niemanden, wirklich niemanden als potentiellen Multiplikator für sein Anliegen aus. Und er trennt sich von seinem beruflichen Fachchinesisch, wenn er sich mit diesen Multiplikatoren unterhält. Man kann den Menschen, die sich in einer bestimmten Branche oder in einem Fach- und Sachgebiet nicht auskennen, durchaus klarmachen, worin die eigene berufliche Funktion besteht. Es reicht vollkommen, wenn sie ungefähr wissen, welche Profession man beherrscht und in welchem Tätigkeitsfeld man sich gerne bewegt. Wer allerdings beruflich etwas anderes machen will als bisher, der muss auch noch seine Zukunftsvorstellungen in passende Worte kleiden.

Mit „Laien“ über den derzeitigen oder zukünftigen Job zu reden, gelingt am besten, wenn man sein eigenes Leitmotiv kennt. Also wenn man darüber reden kann, was man mit seiner Tätigkeit – neben dem Gelderwerb – denn eigentlich erreichen oder bewirken möchte. Irgendein Grundanliegen hat jeder Mensch, auch wenn er sich selbst dessen gar nicht bewusst ist. Man sollte es zu ergründen versuchen.

Man redet mit Laien und Nichtfachleuten also nicht über Berufsbezeichnungen, sondern über den Nutzen, den man mit seiner Arbeit stiftet. Wenn man diesen Nutzen dann noch in Beziehung zu den persönlichen Belangen und Interessen des Gesprächspartners bringen kann, umso besser. Wer Mühe hat, den Nutzen seiner Arbeit zu definieren, der kann ja den Spieß herumdrehen: Der redet davon, was alles schief gehen kann oder auf der Strecke bleibt, wenn niemand den Job ausübt, in dem er tätig ist. Die großen und kleinen Katastrophen auszumalen, die man durch seine tägliche Arbeit verhindert, ist in den meisten Fällen überaus anschaulich.



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Über die Autoren:


Vogel & Detambel
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Kompetenz aus 25 Jahren Tätigkeit in den Bereichen Personalberatung und Executive Search (u.a. für Neumann International, Berndtson-Gruppe, Eurosearch-Gruppe, Knight-Wendling), Outplacementberatung seit 1994.
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