Autorenbild Gitte HärterAnschreiben & Lebenslauf

Profil zeigen als Bewerber

Ein Beitrag von Gitte Härter

"Ich hab mir mit meinen Unterlagen total Mühe gegeben!" - "Meine Bewerbung selbst ist okay, ich bin da auf dem neuesten Stand." - "An meiner Bewerbung liegt's bestimmt nicht, dass ich immer Absagen bekomme." - Derlei Bemerkungen höre ich oft. Und klar, aus Bewerbersicht stimmt das auch: Man hat sich vorher informiert, wie eine Bewerbung ausschauen sollte, was rein muss. Man gibt sich Mühe mit dem Look. Wunderbar.

Dabei liegt der Schwachpunkt vieler Bewerbungen keineswegs darin, dass die Unterlagen schlecht sind oder das Anschreiben nicht gut. Der Stolperstein ist meistens schlicht und ergreifend der, dass Bewerbungen mehr oder weniger identisch sind: Die Person dahinter ist nicht greifbar.

Versetzen Sie sich in den Personaler

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Stapel voller Bewerbungen und müssen jetzt entscheiden, wer vielversprechend klingt und wen Sie einladen möchten. Jeden einzelnen Bewerber persönlich kennen lernen, das geht natürlich nicht. Und es wäre auch gar nicht sinnvoll. Denn dazu gibt es ja - für beide Seiten - einen gewissen "Filterprozess": Das Unternehmen sagt, was/wen es sucht, und mit der Bewerbung zeigen Sie Ihr Interesse und überzeugen idealerweise mit Ihrer fachlichen und persönlichen Qualifikation.

Sie sind also der Personalentscheider. Nach welchen Kriterien würden Sie vorgehen?

  • Nach dem allgemeinen Eindruck der Unterlagen
  • dem Anschreiben
  • ob der Lebenslauf passt/ob einschlägige Erfahrung vorhanden ist
  • nach den Zeugnissen


Das ist ein wesentlicher Teil, ganz klar! Und hier werden eindeutige Beurteilungen auch schnell getroffen. Bewerbungen, bei denen der Personaler sofort und eindeutig weiß: Hier schicke ich sofort eine Absage. Und Bewerbungen, bei denen der Personaler sofort neugierig wird: Diese Person möchte ich auf jeden Fall kennen lernen.

Die Mehrheit aller Bewerbungen ist allerdings das "Hm. Weiß (noch) nicht (genau)." Und das sind die "uniformierten" Bewerbungen: Sehen alle mehr oder weniger gleich aus. Sind mehr oder weniger qualifiziert. Die Person dahinter hat jedoch kein "Gesicht": Der Personalentscheider kann sie nicht einschätzen, sich kein Bild machen.

Das Ziel: sich als Person greifbar machen!

Nehmen Sie sich doch mal Ihre letzte Bewerbung vor, komplett mit Anschreiben. Und jetzt nehmen Sie einen Zettel und Stift zur Hand und schreiben mal auf:

o Was für einen Eindruck bekomme ich von dem Bewerber?

Mit welchen Eigenschaftswörtern würde ich den Bewerber beschreiben: aufgrund der Präsentation, der Inhalte, der Aufmachung, etwaiger benutzter Farben, des Anschreibens, des Fotos und der Zeugnisse? Wie schätze ich die Person ein?

Denken Sie daran, dass es bei dieser Übung wichtig ist, dass Sie nur das "beurteilen", was Sie sehen. Es kann sein, dass Sie persönlich fröhlich und lebendig sind, Ihre Bewerbung jedoch farblos und "graue-Maus-mäßig" wirkt. Treten Sie also beim Bewerten des Eindrucks mal aus sich heraus und sehen Sie sich nur das an, was vor Ihnen liegt.

Vielleicht tun Sie sich damit schwer. Dann geben Sie Ihre Bewerbung einfach einem Freund oder Bekannten und bitten Sie darum, dass die Person ihre Eindrücke aufschreibt. Wichtig ist, dass Sie der Person sagen, dass sie a) ehrlich sein soll und b) dass es nur um die Wirkung geht und nicht darum, zu beurteilen, ob sie Ihre Bewerbung an sich gut oder schlecht findet.


o Was erfahren Sie also über den Bewerber?

Im nächsten Schritt gehen Sie Ihre Bewerbung noch einmal durch und schreiben auf

  • Was erfahren Sie alles über die Persönlichkeit?
  • Was erfahren Sie über die fachliche Qualifikation & Berufserfahrung?
  • Was erfahren Sie über die Motivation des Bewerbers, sich ausgerechnet auf diese Position/bei dieser Firma zu bewerben?


Schreiben Sie jeweils auch daneben, wie Sie darauf kommen. Bestimmte Informationen erhält man, weil sie in der Bewerbung ausdrücklich gegeben werden: Der Bewerber behauptet, er könne etwas, oder beschreibt seine Persönlichkeit. Andere Informationen erhalten Sie etwa durch beigefügte Zeugnisse. Weitere Angaben stehen zwischen den Zeilen, etwa im Anschreiben oder im Lebenslauf (beispielsweise ist anzunehmen, dass ein Bewerber, der kürzlich zwei Jahre in den USA studiert hat, hervorragende Englischkenntnisse hat).

Nehmen Sie sich für diese Analyse Zeit und Ruhe. Achten Sie immer darauf, dass Sie für sich unterscheiden:

  • Wie weiß ich/denke ich, dass ich bin?
  • was vermittle ich tatsächlich/wie komme ich rüber?


Ist Ihnen diese Aufgabe leicht oder schwer gefallen? Können Sie nicht wirklich etwas zu Papier bringen, weil beispielsweise das Anschreiben nicht besonders viel hergibt? Oder sind Sie einigermaßen entsetzt, wie die Einschätzung Ihrer Wirkung aussieht und sich von dem, wie Sie sind und wirken möchten, unterscheidet? - Der Empfänger Ihrer Bewerbung tut sich ähnlich schwer bzw. bekommt einen ähnlichen Eindruck vermittelt.

Bei der Auswahl von Bewerbern - was schriftliche Unterlagen anging und auch nach persönlichen Gesprächen - fand ich immer mit am schlimmsten, wenn ich keinen rechten Eindruck von der Person gewinnen konnte. Schlimmstenfalls sagt ein Personalentscheider ab, weil er die Person so gar nicht einschätzen kann: ein bedauerlicher Grund, nicht wahr?


Wichtig: Authentisch sein!

Bevor Sie wirklich authentisch und "mit Profil" rüberkommen können, heißt es, sich mit sich selbst, Ihrer Motivation und Ihren Zielen zu beschäftigen. Denn nur wenn Sie sich auch wirklich kennen und Ihre Gedanken und Erwartungen konkretisieren, können Sie auch zielgerichtet suchen und überzeugend auftreten.

Hierzu noch ein paar Tipps:

1. Stehen Sie zu sich selbst?

Viele Bewerber verstecken sich, indem sie versuchen so zu sein, wie sie glauben, dass die Firma es gern hätte. Vordergründig macht das auch Sinn: Denn man rechnet sich aus, die eigenen Chancen zu erhöhen. Tatsächlich ist genau das hinderlich, denn man sieht die Persönlichkeit des Bewerbers nicht.
Außerdem beruht das Ganze auf der Spekulation, man wisse, was die Firma genau "sehen" will. Ist die Annahme falsch, betonieren Sie ein Bild, das nicht nur nicht stimmt, sondern nicht mal gefragt ist.

Generell gilt: Es geht nicht nur darum, im Vorstellungsgespräch einen guten Eindruck zu machen. Sofern Sie tatsächlich zusammenarbeiten werden, wollen Sie ja im Alltag auch Sie selbst sein. Und der Bewerbungsprozess ist ja gerade für beide Seiten dazu da, um einschätzen zu können, ob man miteinander "will".


2. Kennen Sie sich gut genug?

Das klingt wie eine Scherzfrage. Dennoch ist es mein voller Ernst: Viele Menschen kennen sich selbst tatsächlich nur sehr oberflächlich oder "nebulös". Da werden die üblichen Schlagwörter strapaziert, von wegen kommunikativ, teamfähig, engagiert, innovativ und und und, doch alleine wenn man fragt "Wie ist denn Deine Definition von "teamfähig"? Was gehört für Dich dazu? Warum behauptest Du, das zu sein? Was sind Beispiele, wo Du im Beruf bewiesen hast, dass Du so bist/das gut kannst?" herrscht meist großes Schweigen.

Darum: Setzen Sie sich besonders vor einer Bewerbung hin und listen Sie mal für sich auf, welche Eigenschaften und Fähigkeiten Sie haben, was genau diese für Sie beinhalten und konkretisieren Sie das Ganze (inkl. Beispiele).


3. Haben Sie gute Gründe?

Das läuft auf die Frage "Warum sollten wir ausgerechnet Sie einstellen?" hinaus. Und diese Frage ist absolut legitim: Warum denn auch? Dazu gehört nicht nur das "Was bringen Sie mit?" oder "Was tragen Sie bei?", sondern vor allen Dingen auch "Warum möchten Sie denn diese Tätigkeit ausüben?", "Warum bewerben Sie sich für diese Position?", "Warum möchten Sie bei uns arbeiten?".

Wenn Sie keine Gründe dafür haben, sollten Sie Ihre Bewerbungen ernsthaft überdenken. Denn entweder Sie bewerben sich halbherzig oder gießkannenmäßig mehr oder weniger überall, wo Sie sich irgendwelche Chancen ausrechnen. Oder aber Sie machen sich viel zu wenig Gedanken pro Bewerbung (was ein arger Schnitzer ins eigene Fleisch ist, denn das kommt im Anschreiben raus, erst recht aber im Vorstellungsgespräch).


4. Haben Sie eine eigene Meinung?

Besonders im Bewerbungsgespräch ist die eigene Meinung gefragt. Ob es um Fragen geht wie "Wie gehen Sie mit Stress um?" oder "Was erwarten Sie sich von Ihrem Chef?".
Leider gibt es viele Bewerber, die vor lauter Bestreben, einen guten Eindruck zu machen, sehr allgemein und oberflächlich antworten. Oder aber so diplomatisch bleiben wollen, dass sie die eigene Aussage immer wieder relativieren oder rumdrucksen.

Sicherlich haben Sie für die gleichen Fragen sofort eine Antwort und geben gerne Ihre Meinung preis, wenn sie im Bekanntenkreis gestellt werden. Das sollte auch im Vorstellungsgespräch der Fall sein: eine Meinung haben, diese konkretisieren und begründen zu können. Und hier schließt sich der Kreis zur guten Vorbereitung.



Nächsten Tipp lesen:
» 10 häufige Fragen zur schriftlichen Bewerbung

Über die Autorin:


(c) Gitte Härter
eMail: objektiv@selbstmarketing.de

Gitte Härter war selbst Führungskraft und viele Jahre Coach und Trainerin. Außerdem hat sie über zwei Dutzend Ratgeber veröffentlicht: www.schreibnudel.de .

Gemeinsam mit Christine Öttl hat sie unter anderem zahlreiche Bewerbungsratgeber veröffentlicht.


Link zum Buch:


Schriftliche Bewerbung: Mit Profil zum Erfolg. Anschreiben perfekt formuliert. Vom Kurz-Profil bis zur Online-Bewerbung. Mit Bewerbungsmappen-Check


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