Autorenbild Rechtsanwalt Holger ThießArbeitsrecht

Kündigung, Sonderkündigungsschutz, Elternzeit
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.06.2008 Az.: 2 AZR 23/08

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Holger Thieß

Nur wenn die Elternzeit schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber beantragt worden ist, besteht ein Sonderkündigungsschutz. Ist dies nicht geschehen, besteht grundsätzlich kein Schutz vor einer Kündigung.

Nur wenn der Arbeitgeber ein schutzwürdiges Vertrauen beim Arbeitnehmer erzeugt hat, kann der Sonderkündigungsschutz doch greifen. Das ist etwa der Fall, wenn der Arbeitgeber der Krankenkasse die Elternzeit bestätigt und den Arbeitnehmer über längere Zeit hinweg so behandelt hat als befinde sich dieser in Elternzeit.

Erläuterung von RA Holger Thieß (Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg)

Eine Kündigung ist nichtig, wenn sich ein/e Arbeitnehmer/in zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung in Elternzeit befindet. Grundsätzlich gilt dies aber nur, wenn der Antrag in der von § 16 Abs. 1 BErzGG vorgeschriebenen Form erfolgt. Das heißt schriftlich und unter Angabe der Zeiten spätestens 7 Wochen vor Beginn. Nur dann beginnt die Elternzeit wirklich zu laufen.

Im vorliegenden Fall hat es der Arbeitgeber in Kenntnis des fehlenden schriftlichen Antrags hingenommen, dass die Arbeitnehmerin nicht zur Arbeit erschienen ist und die „Elternzeit" fortgeführt hat. Er hat die Arbeitnehmerin wie eine Elternzeitberechtigte behandelt. Deshalb setzt sich der Arbeitgeber mit seinem Verhalten zur bisherigen Vorgehensweise in Widerspruch und hat das hinsichtlich des Kündigungsschutzes entstandene Vertrauen der Arbeitnehmerin grundlos enttäuscht. Die Arbeitnehmerin konnte sich deshalb mit Erfolg auf den Sonderkündigungsschutz berufen.

Achtung: Hier handelt es sich um einen Einzelfall, der von den gesetzlichen Vorgaben abweicht. Wer in Elternzeit möchte, sollte unbedingt die vorgeschriebene Form wahren.



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Über den Autor:


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Holger Thieß ist Sozius der Templin & Thieß Rechtsanwälte mit Sitz in Hamburg. Er ist Mitglied im 20-20-11 Anwaltbund und seinem Kooperationsprojekt "Anwälte empfehlen Anwälte".

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